Was in Deutschland zur Zeit undenkbar ist, könnte in der Schweiz bald Realität werden: Mein Heimatland stimmt am 4. März über die wohl umstrittenste Initiative („No-Billag“-Gesetzesvorlage) der letzten Jahre ab. Was in Deutschland die GEZ ist, ist in der Schweiz die Billag – die Zwangsgebühr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Eidgenossen und genau die soll abgeschafft werden.
Der Sprung ins Ungewisse
Die Initianten wollen mit einer Volksabstimmung erreichen, dass der Bund keine TV- und Radiosender mehr subventionieren darf. Das bedeutet, dass der SRG (Pendant zur ARD) auf einen Schlag rund 70% der Einnahmen fehlen! Die übrigen 30% werden aktuell über die Werbung eingenommen. Damit die SRG weiter bestehen könne, müsse sie einfach von ihren Zuschauern Abo-Gebühren verlangen, schlagen die Initianten vor. Aha! Mal ernsthaft: Würden Sie für eine Tagesschau extra ein Abo abschließen? Wie viel wäre Ihnen eine Ausgabe „Hart aber fair“ wert? Oder was würden Sie für ein jährliches Abo für die Investigativ-Sendung „Panorama“ bezahlen? Wohl kaum so viel, dass die Sendungen mit diesen Einnahmen produziert werden könnten. Mal abgesehen davon, dass es weltweit kein Pay-TV-Modell gibt, in dem die Zuschauer für „News-Inhalte“ bezahlen!
Die Initianten hingegen wollen genau mit solchen abenteuerlichen „Geschäftsmodellen“ die Schweizer Bevölkerung beruhigen. Von wegen: Macht euch keine Sorgen, eure Lieblingssendungen im Schweizer Fernsehen laufen trotzdem weiter, allerdings müsst ihr nur noch das bezahlen, was ihr auch wirklich schaut.
Dieser ganze Abstimmungswahlkampf ist geprägt von gefährlichem Halbwissen, das von Seiten der Initianten verbreitet wird. So argumentieren sie weiter, dass die SRG einfach mehr Werbung verkaufen solle, damit die Einnahmen mit den Abo-Gebühren ein ähnlich hohes Niveau wie heute erreichen.
Frage: Wer zahlt eigentlich für Pay-TV, wenn da am Ende auch noch Werbung läuft? Ich kenne niemanden.
Noch irrwitziger wird es beim Radio! Wie soll über DAB+ oder UKW ein Bezahlmodell eingeführt werden? Wer sich das Modell des US-Bezahlradios Sirius einmal anschaut, wird schnell merken, wie teuer der Aufbau einer solchen Infrastruktur ist.
Faktencheck „No Billag“ hier klicken.
Nicht am falschen Ende sparen
Und trotz dieser offenen Fragen und Ungereimtheiten, sind viele Schweizer motiviert, der SRG eins auszuwischen. Sie wollen dem übergroßen Schweizer Medienhaus einmal zeigen, wo der Hammer hängt. Was viele dabei nicht bedenken: Mit einem „JA“ geben sie nicht einen Warnschuss ab, mit einem „JA“ versenken sie das ganze Schiff!
Der Vollständigkeit halber muss auch gesagt sein: Die Verantwortlichen der SRG präsentieren sich in diesem Abstimmungskampf keinen Deut besser als die Initianten. Ihre Hilf- und Planlosigkeit ist peinlich. Und so bleibt nur zu hoffen, dass die Schweizer auf ihren Verstand und nicht auf ihr Bankkonto hören und ab 2019 weiter jedes Jahr 365 Franken Billag-Gebühr bezahlen. Ansonsten wird in vielen Regionen der Schweiz medial das Licht ausgehen.
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