Formatentwicklung - Nicolas Kreutter

Mehr versprochen als gehalten

Seit ein paar Wochen macht eine neue Podcast-Reihe rund um den ehemaligen Radiomoderator und laut RBB dem „einflussreichsten Verschwörungsideologen Deutschlands“, Ken Jebsen, Schlagzeilen. Die journalistische Doku mit dem  Titel „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ gehört zu den aktuell meist gestreamten Podcasts in Deutschland.

In sechs Folgen wollen die Macher aufzeigen, wie aus dem bekannten Radiomoderator Ken Jebsen ein Missionar, Idiologe und Verbreiter von Verschöwrungstheorien werden konnte.

Nur leider gelingt das meiner Meinung nach nicht, stattdessen bleibt bei mir nach den sechs Folgen ein fader Beigeschmack, dass in erster Linie der Name Ken Jebsen verwendet wurde, um Reichweite und Aufmerksamkeit für den Podcast zu schaffen.

Was ist denn mit Jebsen passiert?

Die treibende Frage „WTF happened to Ken Jebsen?“ ist spannend und ein starker Trigger, doch was inhaltlich geboten wird ist dünn. Eine Rückschau auf die Anfänge von Jebsen beim Radio, der Wechsel nach Berlin, dann zum RBB und über seine Versuche im TV. Viele O-Töne, Soundschnipsel & Sendungsausschnitte.

Zu Wort kommen nicht beteiligte Menschen aus der ersten Reihe, sondern eher der Zweiten und Dritten. Und irritierenderweise arbeiten diese heute auch für die Firma, die den Podcast „WTF happened to Ken Jebsen?“ produziert. Das wird auch erwähnt.

Die O-Ton-Geber haben vor Jahren einmal mit Jebsen zusammengearbeitet, gehörten aber offenbar nicht zu seinem „inner circle“. Ein Versäumnis, dass hier nicht Gesprächpartner gefunden wurden, die enger mit Jebsen verbunden waren. Aus meiner Sicht ist das journalistisch auch nicht sauber. Der Podcast bekommt eine ganz einseitige Note, weil es keine Gegenstimmen zu den Mutmassungen gibt, die über Jebsen angestellt werden. Stattdessen wird immer darauf hingewiesen, dass man ihn mehrere Male erfolglos angefragt habe.

Wenn ich aber als Journalist den Hauptprotagonisten nicht bekomme, dann doch jemanden aus seinem Umfeld, der wirklich eng mit ihm gearbeitet hat und die Person Jebsen gut kennt. Auf eine solche Figur wartet man als Hörer dieses Podcasts  vergeblich.

Es wird viel gemutmasst, über Jebsens Wandel vom aufstrebenden Moderator hin zum Ideologen. Er sei frustriert gewesen, weil er von seinem Sender, dem RBB, nicht mehr unterstützt/gefördert wurde und habe dann einen langsamen inhaltlichen Wechsel gestartet, der schon in der Radiosendung KenFM im RBB erste Auswüchse annahm.

Ko-produziert vom RBB – doch die Verantwortlichen schweigen

Ich habe selbst als Hörer erlebt, wie Jebsen damals über längere Zeit in seiner RBB-Radiosendung krude Theorien aufgestellt und diskutiert hat, offenbar interessierte das den Sender damals nicht, bis zu diesem einen Vorfall mit einem Hörer, bei dem es zu antisemitischen Aussagen von Jebsen kam.

In der Podcast-Doku kommt allerdings keiner der Verantworltichen vom RBB aus der damaligen Zeit zu Wort (der RBB ist übrigens Ko-Produzent des Podcasts)! Weder die ex-Programmdirektorin Claudia Nothelle oder ex-Fritz-Chef Stefan Warbeck. Kein Wort dazu, warum und wie man Jebsen hatte machen lassen können und seinen Wandel damit offensichtlich noch mit dem Wegschauen befeuerte. Stattdessen wird erzählt, dass mit der Trennung von Jebsen und dem RBB eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben wurde und sich deshalb niemand dazu äußern dürfe.

Aha – da, wo es wirklich spannend wird, geht es nicht weiter. Warum brauchte es eine solche Erklärung? Was steht da drin? Und wenn der RBB offenbar mit Jebsen nichts mehr zu tun haben wollte, warum ko-produziert der Sender jetzt einen Podcast über ihn? Will man sich hier, wie scho eingangs erwähnt, einfach Jebsens „Prominenz“ zu eigen machen und die Reichweite „mitnehmen“?

Dazu kommt noch, dass einzelne Folgen ganz ohne Jebsen auskommen und die Geschichte mittdendrin den Faden verliert und es allgemein um die Entstehung von Verschwörungstheorien, um andere Verschwörungstheortiker und die Auswüchse dessen in der eigenen Familie des Hosts dieses Podcasts geht. Alleine daran merkt man, dass die Recherche rund um Jebsen inhaltlich etwas dünn geraten ist.

Einzig, als es um die „Geschäfte“ und Auftritte von Ken Jebsen auf der Krim geht, nimmt der Podcast wieder Fahrt auf, um danach abrupft zu bremsen, weil es sich dann wieder in Mutmassungen und neuen Fragen verliert.

Nach den 6 Folgen bleibt bei mir ein großes Fragezeigen und zwar: Was passierte denn nun wirklich mit Ken Jebsen?

 

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Foto: rbb online

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