„14 Männer und Frauen, 4 Wochen auf einer Insel, keine Regeln, keine Gewinner, keine Verlierer!“ So bewirbt ProSieben die neue Reality-Show Wild Island, die am vergangenen Wochenende mit guten Quoten gestartet ist, allerdings schon in der zweiten Folge große Zuschauerverluste hinnehmen musste. Während im Dschungelcamp die Weicheier sitzen, kämpfen auf der wilden Insel die richtig Harten ums Überleben. Dass ProSieben nach unzähligen Flops von Survival Shows, sich an dieses Genre herantraut, hat in erster Linie mit der Produktionsweise des Formats zu tun. Es ist sozusagen eine „Do-it-yourself-Show“, denn die Kandidaten filmen sich während der Zeit auf der Insel selbst. Damit am Ende nicht alles verwackelt ist, hat der Sender gleich ein paar professionelle Kameraleute unter die Kandidaten gemischt – darüber wird der Zuschauer bereits in der ersten Folge aufgeklärt. Es wird auch genau erläutert, dass die Kameraleute täglich ihre Aufnahmen in einen „toten“ Briefkasten abliefern, wo sie nachts abgeholt werden. An diesem Ort können sie auch ihre leeren Akkus tauschen – auch darüber informiert der Sprecher, denn ganz bestimmt haben sich einige Zuschauer in der ersten Minute der Show schon die Frage gestellt: „Was machen die denn, wenn ihre Kamera-Akkus leer sind? Das ist doch gefaked!“ Damit alles noch echter wirkt, gibt es keinen einzigen Produktionsmitarbeiter auf der Insel, auch ein Arzt muss im Notfall per Schiff oder Boot von einer Nachbarinsel herbeieilen.
Selten zuvor, setzt ein TV-Format so deutlich auf Authentizität. Den Zuschauern wird alles erklärt und alles gezeigt, damit zu keiner Zeit der Eindruck entsteht, es könnte etwas inszeniert sein. Einen Skandal, wie ihn Sat1 mit Newtopia in diesem Jahr erlebt hat, wird es deshalb bei ProSieben nicht geben. Aber ist das die Art von Fernsehen, wie es sich die Zuschauer wirklich wünschen? Die Realität ohne „Schnick-Schnack“? Immer offen und ehrlich? Keine Inszenierung? Kein doppelter Boden oder ein glitzernder Vorhang, hinter den man nicht blicken kann?
War Fernsehen nicht einmal die bunte Kiste, in der alles möglich war und man sich einfach gut unterhalten lassen konnte? Fernsehen ist heute an einem Punkt, wo alles erklärt, bewiesen und belegt werden muss. Wo sich der Zuschauer permanent die Frage stellt: „Ist das denn echt oder ist das fake?“
Fernsehen kann niemals 100% authentisch sein. Auch wenn es im Fall von Wild Island versucht wird. Denn, auch in dieser Sendung sehen die Zuschauer am Ende nur das, was sie sehen sollen. Es ist also eine fast 100%-ig vorgespielte Realität, die damit permanent gestützt wird, indem der Sprecher erzählt, dass garantiert alles echt ist. Wild Island hat keine Regeln, keine Gewinner, keine Verlierer – es ist kein Spiel, es ist nur ein Abenteuerurlaub und vielleicht ist das der Grund, weswegen die Zuschauer schon nach der zweiten Folge gelangweilt sind.
Foto: ProSieben